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Author: Kerstin

Tag 1015-1024 | Termales San Vicente, Risaralda / Cocora, Salento, Armenia, Córdoba, Filandia, Highway 40, Quindio, Kolumbien

Tag 1015-1024 | Termales San Vicente, Risaralda / Cocora, Salento, Armenia, Córdoba, Filandia, Highway 40, Quindio, Kolumbien

Vom Charlet aus ging es nur 2 Stündchen weiter bis zu den heißen Quellen von San Vicente. Hanno hatte Vormittags noch gearbeitet und so hatten wir nach der Ankunft an den Thermen noch etwas Zeit bis der ermäßigte Eintritt für den Abend möglich wäre.
Wir machten also ein Mittagsschläfchen und es gab Mittagessen. Mit Handtuch, Wasser und Flip Flops bewaffnet ging es dann um 16 Uhr aufs Gelände.
Als erstes kamen wir am dampfenden Fluss vorbei und der Schwefelgeruch stieg uns in die Nase. Wir liefen die Straße weiter hoch, vorbei am Hotel und Restaurant bis zum obersten Pool. Der war auch der heißeste und es war echt eine krasse Überwindung da rein zu gehen. Nach 10 Minuten waren wir gar gekocht und wanderten wieder ein bisschen den Berg runter zu den kühleren Pools. So verbrachten wir den Nachmittag und Abend mit Pool- und Fluss-Hopping und genossen die gemeinsame Zeit, ohne das uns Arbeit, Laptop oder Handy ablenken konnten. Ich fands richtig schön und genau solche Momente sind in der letzten Zeit etwas kurz gekommen. Hanno probierte auch die Sauna aus. Wir stellten uns die Frage, wie gesund das wohl auf Dauer ist, heiße Schwefeldämpfe einzuatmen und ließen dann doch lieber die Finger bzw. unsere Lungen davon.
Als unsere Mägen knurrten und unsere Haut vollkommen schrumpelig war, hüpften wir ein letztes Mal in den ganz heißen Pool bevor wir uns auf den Weg durch die äußerst frische Nacht zu Bruno machten.

Am nächsten Tag gings dann weiter, erst zu einem Wäscheservice und dann ins Cocora Tal zu den berühmten Wachspalmen. Die größten Palmen der Welt sind leider vom Aussterben bedroht, da ihre Palmwedel jedes Jahr für Ostergestecke und kunstvoll geflochtene Fächer verwendet werden. Außerdem wird sie immer weiter durch die sich ausbreitende Landwirtschaft verdrängt. Die Palmen wachsen langsam und die Ältesten und mit 60 m Größten sind mehrere hundert Jahre alt.

Wir kamen kurz vor Dämmerung im Tal an und bekamen schon einen Vorgeschmack, was uns am nächsten Tag erwarten würde.
Um 5:30 Uhr ging dann der Wecker, wir packten, zogen uns warm an und machten uns auf eine 10 Kilometer lange Wanderung. Regenzeit heißt, wir wateten erst mal seeehr lange durch Matsch, bevor es den Berg hoch ging und es etwas trockener wurde. Die erste Hälfte der Wanderung hatten wir Glück und der Nebel lichtete sich, ab Mittags regnete es dann und der Nebel raubte uns den Großteil der Sicht. Trotzdem hatten wir eine echt gute Zeit und waren mit Regenjacken und dicken Pullis gut vorbereitet.

Weniger genossen hat wohl Chico die Zeit alleine in Bruno. Er ist beim Klogang ordentlich ausgerastet. Das kommt selten vor, ist aber immer wieder eine weniger schöne Überraschung wenn man nach Hause kommt. Als Konsequenz gibt es nun ein Klo mit höheren Wänden und bisher ist der Herr zufrieden damit und benimmt sich.

Nachdem das Chaos beseitigt war, gings dann nach Salento. Salento ist einer der Kaffee-Hotspots und so trieb es uns direkt in eins der Quindio-Cafés und es gab Kuchen, Mocca und Cappuchino zum Aufwärmen.
Der Quindio Kaffee gilt als einer der besten der Welt und wir können nur bestätigen, dass er verdammt gut schmeckt. Wir shoppten ordentlich und schleppten den Rest der Zeit einige Kilo Kaffeebohnen und andere Spezialitäten durchs Dörfchen.

Es ging noch hoch zum Aussichtspunkt und durch ein paar der süßen kleinen Lädchen bevor wir uns einen Platz für die Nacht suchten.

Unseren Platz für zwei Nächte fanden wir an einem AirBnb mit Glamping-Zelten. Es war tote Hose und den Besitzern deutlich anzusehen, wie überrascht sie über Gäste waren.
Das ganze hatte richtig Potential aber vermutlich stand mal wieder die „lateinamerikanische Halb-scheiße“-Mentalität im Weg. Der Ansatz ist so gut, aber wie so oft fehlt das letzte Quäntchen Motivation/Elan/Aktion. Schade.

Wir hatten dafür eine ganz ruhige Zeit, abgesehen davon das Chico verprügelt wurde. Am zweiten Tag tauchte ein grauer Kater auf und nach stundenlangem Anstarren flogen die Fetzen. Beide Katzen ertranken fast in der Pfütze neben Bruno und Chico wurde zweimal ziemlich mies in den Hintern gebissen. Es blutete aus seinem Popo und die nächsten Tage verbrachten wir mit Krankenpflege. Zum Glück ist unsere Reisekatze hart im Nehmen und nach einem Tag konnte er schon wieder Sitzen und Groß aufs Klo.

Weiter gings nach Armenia, wo der berühmte Parce-Rum herkommt. Hanno hatte verzweifelt Kolumbien danach abgeklappert, aber 99% des Rums wird direkt exportiert. In Armenia wurde er im vierten Supermarkt endlich fündig und ich finde die Freude ist ihm ziemlich im Gesicht an zu sehen.
Nachdem die Mission endlich erledigt war, traten wir schnell die Flucht aus der Stadt an. Der Verkehr, die fehlenden Straßenregeln und lebensmüde Verkehrsteilnehmer vertreiben uns schnell wieder aufs Land.

Es ging nach Cordobá, was wir als sehr verschlafen und idyllisch wahrnahmen. Beim Blick in die örtlichen News ein paar Tage später, wissen wir jetzt, warum unsere Gastgeber darauf bestanden, dass wir hinter dem Tor parken. So idyllisch wars doch nicht. Da geht es gerade ganz schön ab mit dem örtlichen Kartell und genau in den zwei Tagen die wir da waren hatte es ordentlich gekracht.

Unsere Gastgeberin Patricia hat eine Kaffee-Finca und ein Eco Hotel und wir durften mitten drin schlafen. Leider war das Internet zu mies für Hannos Arbeit und die Schäferhunde ziemlich in Chico-Jagdstimmung. Also wurde aus dern geplanten 3-4 Tagen leider nur eine Nacht.
Wir genossen die Wege auf dem Gelände der Kaffee-Finca aber sehr und liefen nachmittags noch zum angeschlossenen Restaurant auf den Berg. Dort gab es für uns ein Gläschen Wein, der zu unserem Glück aus Chile (und nicht aus Kolumbien) kam und dementsprechend gut schmeckte.

Gut angetüddelt, da nur gefrühstückt, gings dann wieder runter und wir leisteten Chico Gesellschaft.

Eigentlich war dann der Plan bis zur Tatacoa Wüste weiter zu fahren. Wieder hatten wir aber ohne die kolumbianische Regenzeit geplant. Ein Erdrutsch hatte am Vortag die Straße Richtung Südosten zerstört und nun hingen wir in der Kaffeeregion fest. Eine Woche sollte die Sperrung dauern und sofort kam die Frage auf, ob das wohl realistisch ist oder wieder einmal lateinamerikanische Zeitrechnung war.
Die Alternativen waren nicht sonderlich gut. Entweder all die Strecke zurück fahren bis nach Bogota und von dort aus Richtung Süden oder Richtung Küste und Cali und von dort Richtung Süden. Der Umweg wäre 400 lächerliche Kilometer, aber in Kolumbien heißt das leider tagelanges Fahren auf Bergstraßen mit gefährlichen Überholmanövern der Einheimischen. Kolumbien ist so ein wunderschönes Land und es erinnert uns an all die positiven Dinge die wir aus Mexiko mitgenommen haben, aber der Verkehr ist eine Katastrophe. Definitiv ist es das Land, in dem wir bisher am wenigsten gerne Auto gefahren sind. Die Hoffnung besteht, dass es nach Süden hin wieder besser wird.

Wir entschieden uns daher fürs Aussitzen und fuhren auf eine Ranch in Filandia. Der Ort gab uns nicht viel und Hanno nutzte die Zwangspause fürs Arbeiten. Chico nutzte stattdessen die Zwangspause fürs Unsinn machen. Den beiden Hunden der Gastgeberin war er überlegen und das ließ er raushängen. Er brach ins Haus ein und wir fanden ihn mehr als einmal in der oberen Etage auf dem Balkon wieder.

Am 12.05. zeigte dann die erste von drei Navigationsapps an, dass die Straße wieder frei ist. Wir zelebrierten also ganz kurz Brunos 30sten und machten uns dann auf den Weg.

Wir freuten uns riesig, dass die Sperrung wirklich aufgehoben war und waren richtig optimistisch. Tja, 70 km und 8 Stunden später schliefen wir auf einem Stück alter Straße mitten in der Pampa. Wir hatten einfach den ganzen Tag im Stau gestanden. Vor allen Dingen wegen der kolumbianischen Sturheit. Wenns den Kolumbianern nicht schnell genug geht, fahren sie einfach auf die Gegenfahrbahn und weigern sich dann Platz zu machen, wenn Gegenverkehr kommt. Das ganze kann dann erst die Polizei regeln, die allerdings erst Stunden später kommt, da sie auch im Stau feststeckt und es keine Rettungsgassen gibt. Wir waren richtig entnervt und da auch noch alle immer und ständig hupen kann man auch nicht wirklich davon reden, dass wir in dieser Nacht geschlafen hätten.

Tag 1007-1015 | Nemocón, San Francisco, Camboa, Cundinamarca / Armero, Los Nevados Nationalpark, Tolima / Manizales, Caldas, Kolumbien

Tag 1007-1015 | Nemocón, San Francisco, Camboa, Cundinamarca / Armero, Los Nevados Nationalpark, Tolima / Manizales, Caldas, Kolumbien

Dann sagten wir tschüss zu Villa de Leyva. Das Örtchen wird uns sicher noch eine Weile in Erinnerung bleiben. Einfach schön dort. Am Kloster füllten wir unser Wasser noch auf und dann gings nach Nemocón.
Nach einem schnellen Mittagessen wanderten wir zum Aussichtspunkt und besichtigten im Anschluss die Salzmine. Diese ist stillgelegt und wird nun mit einigem Aufwand beleuchtet und Besuchern zugänglich gemacht. Es gibt eine Kapelle und man kann „Räume“ für Veranstaltungen mieten. Außerdem steht noch ein Teil des Filmsets von „The 33 (in deutsch: 69 Tage Hoffnung)„. Der Film handelt vom Mienenunglück in Chile und wurde in der Miene von Necomón gedreht.
Insgesamt war der Besuch der Miene kitschiger als gedacht und ich kann glaube ich guten Gewissens behaupten, dass es kein riesen Highlight war. Aber gut, wir sind vermutlich auch mittlerweile etwas anspruchsvoll. Die Nacht schliefen wir ziemlich unspäktakular am Marktplatz und freuten uns über einsetzenden starken Regen. Der vertrieb nämlich die Kids, die überall an Bruno rumfummelten und klopften.

Am nächsten Morgen ging es weiter und Mittags kamen wir in San Francisco bei einem Ecoparque an. Carlos und seine Familie hießen uns herzlich willkommen und der kleine Sohn zeigte uns das Gelände. Es gab unheimlich viele Tiere hier. Lamas, Ziegen, Katzen, Flamingos, Pfaue und verschiedenste Hühner. Richtig witzig.

Es war nix los und wir die einzigen Gäste und so suchten wir uns unseren Platz auf einem Hügel und genossen die Ruhe und den Ausblick.

Wir gaben noch unsere Wäsche ab, da wir vom El Cocuy noch die ganzen Winterklamotten rumfliegen hatten und wurden langsam dem Chaos in Bruno wieder Herr. Was wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten, war, dass wir einen gesellschaftlichen Fauxpas begangen hatten. In Kolumbien wäscht man nicht die Unterwäsche von fremden Menschen, auch nicht in einer Waschmaschine. Am nächsten morgen bekamen wir also halb gewaschene Wäsche zurück. Beim Aufhängen der ersten Waschmaschine hatten sie wohl unsere Schlüppis in den Händen. Hups. Wir bekamen also einen Sack mit nasser Wäsche und einen Sack mit der weiterhin dreckigen Wäsche zurück. Nach ein bisschen rumgegoogle hatten wir dann auch endlich das Problem verstanden und verbrachten unseren Nachmittag mit Handwäsche am Waschbecken. Da wir die einzigen Gäste waren konnten wir zum Glück unsere Wäscheleinen kreuz und quer unter dem Dach vom Waschhaus spannen.

Wir blieben noch eine weitere Nacht und schmissen Abends noch die Heizung an um unsere Klamotten entgültig trocken zu bekommen. Es hatte leider den Tag quasi durchgeregnet und in den trockenen Phasen in der die Wäsche draußen hing, mussten wir sie vor den Schafen bewachen, die nix besseres im Sinn hatten als an unseren T-Shirts rumzukauen. Kompliziert, kompliziert.

Am nächsten Morgen machten wir uns dann wieder auf den Weg und hatten eigentlich vor Mittags wieder am Ziel zu sein. Tja, am Ende brauchten wir den kompletten Tag (10 Stunden!) für eine Strecke von 150 km. Die Straße war eng, schlecht geteert, es war sau viel Verkehr und die Regenzeit hatte einige Schlammlawinen auf die Straße rollen lassen. Nicht so toll. Regenzeit in Kolumbien ist echt nicht zu unterschätzen. Anders als in Asien, wo es dann Mittags ein bis zwei Stunden regnet, heißt Regenzeit hier eher Dauerregen von Mittags bis tief in die Nacht.

Wir fanden bei Dämmerung ein nettes Plätzchen am Ufer eines Flusses und machten es uns gemütlich. Als gerade das Abendessen auf dem Tisch stand drang Blaulicht durchs Fenster. Na toll. Wir waren gewappnet für korrupte Polizei, aber wurden positiv überrascht. Die drei Polizisten checkten unsere Dokumente und baten uns dann mit zur Wache zu kommen. Der Wald wäre nicht sicher und sie möchten uns gerne bewachen, während wir schlafen. Die drei hätten sogar gewartet, bis wir unser Abendessen beendet haben. Wir entschieden uns dazu das Essen zu verschieben und direkt zu fahren. Also wurden wir zur Polizeiwache eskortiert, uns wurde Toilette und Dusche angeboten und man fragte uns noch mehrfach, ob man sonst noch was für uns tun kann. Wir bedankten uns, brachten eine Runde Bier zur Wache und aßen dann etwas verspätet doch noch zu Abend. Wir standen nicht ganz so schön wie im Wald, aber sicher fühlten wir uns jetzt auf jeden Fall.

Morgens machten wir uns dann auf den Weg nach Armero. Der Ort ist durch seine tragische Geschichte über Ländergrenzen hinweg bekannt. 1985 wurde 2/3 der Stadt durch eine Schlammlawine begraben, die durch den Ausbruch des Ruiz Vulkans entstanden ist. Von den 29.000 Bewohnern überlebten nur knapp 9.000. Forscher hatten Monate vorher vor einem Ausbruch des Vulkans gewarnt, leider wurden die Warnungen von der kolumbianischen Regierung ignoriert und so wurden die Bewohner am späten Abend von der Schlammlawine überrascht. Es gab nachdem bekannt wurde, dass die Regierung untätig zugesehen hatte einen landesweiten Aufschrei und viele Vorwürfe der Bevölkerung. Armero wurde am 13. November 1985 quasi ausgelöscht und auch nie wieder aufgebaut. Die Bilder zum Ausmaß der Zerstörung sind krass und in der Tat hatten wir ein ziemlich mulmiges Gefühl mit Bruno durch die Überreste des Ortes zu fahren und dann dort spazieren zu gehen. Kein Platz, an dem wir schlafen wollten, das stand fest! Es ist krass zu sehen, dass bei vielen Häusern das komplette Erdgeschoss versunken ist. Hier waren am 13. November 1985 20.000 Menschen lebendig begraben worden.
Wir liefen zum Friedhof, der scheinbar von Grabräubern komplett geschändet wurde. Alle Gräber sind geöffnet und man blickt auf die Überreste der Gebeine. Der Friedhof war einer der Zufluchtsorte für Leute, die es rechtzeitig aus den Häusern geschafft hatten. Er lag auf einem kleinen Hügel und rettete so einigen Menschen das Leben.

Nach einer kleinen Wanderung über grüne Wiesen, die immer wieder gespickt von weißen Holzkreuzen mit Namen und dem immer selben Todesdatum sind, gelangen wir an eine Art Gedenkstätte. Hier wird dem damals 13 jährigem Mädchen Omayra gedacht und wir sind beeindruckt und verwirrt zugleich mit welcher Hingabe Leute hier Geschenke anrichten, Marmorgedenktafeln platzieren und das immer selbe Foto aufhängen. Die Geschichte erschloß sich uns zunächst nicht und wir rätselten, ob das Mädchen die Katastrophe überlebt hat oder nicht.

Später erfahren wir, dass Omayra nicht überlebt hat. Die Geschichte ist einzigartig und tragisch zugleich. Die ersten Hilfskräfte vor Ort entdeckten das Mädchen in den Trümmern ihres Hauses. Es steckt bis zur Hüfte im Geröll und kann nicht befreit werden. Zu diesem Zeitpunkt fehlt es an allem. Gerätschaften, Ärzte, Hilfe der Regierung.
Omayra ist eingeklemmt, da sie hockt und zwischen ihrem Gesäß und ihren Waden eine Betonplatte liegt, die sich nicht verschieben lässt. Außerdem gibt es Quellen, die sagen, dass die Leiche ihrer toten Tante ihre Beine zusätzlich noch festhielt. Das einzige, was die Leute vor Ort tun können, ist Omayras Situation verbessern und ihr das Leben erleichtern. Es werden Planken gelegt und ein Gummireifen besorgt, damit sie sich entspannen kann. Im Laufe der nächsten 2 Tage wäre sie dann fast ertrunken, da der anhaltende Regen die Grube immer weiter mit Wasser füllt und es keine Möglichkeit zum Abpumpen des Wassers gab, da Strom und eine Pumpe fehlte. Am Ende des zweiten Tages ist immer noch keine Hoffnung und Hilfe in Sicht und Omayra wird schwächer und schwächer. Wieder wird der Regierung vorgeworfen, den Ort Armero vollkommen im Stich gelassen zu haben. Die Helfer diskutieren und es wird am Ende entschieden, dass man das Kind sterben lässt, da man es nicht bergen kann. Diese Tatsache ist und bleibt für uns unvorstellbar. Wie verrückt und verzweifelt diese Situation gewesen sein muss. Als Außenstehender sagt man schnell, da muss man doch was machen können in 60 Stunden, aber mein Respekt vor den Helfern vor Ort verbietet mir, das weiter zu denken. Ich bin mir sicher, dass die Leute alles getan haben, was in ihrer Macht stand um das Kind zu retten. Schlussendlich ging man davon aus, dass ihre Beine amputiert werden müssten, wenn man sie gewaltsam aus der Grube zieht und dazu fehlten Ärzte, Werkzeug, Material und Medikamente. Diese Qualen ersparte man Omayra am Ende. Nach 60 Stunden stirbt sie an Erschöpfung und giftigen Gasen in den Trümmern ihres Elternhauses.
Die Regierung wird bis heute für Omayras Tod und den der Bewohner Armeros verantwortlich gemacht.
Omairas Bild geht 1985 um die Welt und wird Pressefoto des Jahres. Anders als ihre Mutter hatte es der französische Fotograf Frank Fournier von Bogota aus bis Armero geschafft und begleitete Omayra die letzten Stunden bis zu ihrem Tod. Wer mehr dazu lesen will findet einen Artikel in der Zeit und natürlich bei Wikipedia (nur in Englisch) sowie Beiträge auf Youtube / Youtube2 (mit englischen Untertiteln).

Nach einem sehr eindrücklichen Vormittag in Armero fuhren wir zum Unheilbringer, dem Vulkan Ruiz. Mittlerweile hatten wir einiges recherchiert, gelesen und auch Videos gesehen und uns wurde die Tragweite der Katastrophe immer bewusster. Manchmal braucht man für das Erfassen des großen Ganzen ein bisschen Abstand und je mehr ich darüber lese, desto surrealer empfinde ich es jetzt, das wir einen Vormittag genau dort waren und durch die Ruinen gelaufen sind. Es war etwas beklemmend zum Vulkan Ruiz zu fahren und dort in der unendlichen Stille die Nacht zu verbringen. Auf 4000 m und mit 5 Grad Außentemperatur beendeten wir den Tag auf der Schotterpiste umgeben von Nebel.

Am nächsten Morgen ging es dann weiter und auf der anderen Seite des Gebirges wieder runter bis nach Manizales. Dort gab es Frühstück, frisches Brot und neues Guthaben für die Sim Karten, bevor wir etwas außerhalb der Stadt am Chalet San Luís landeten.

Patricia und die Hunde begrüßten uns herzlich und es gab erstmal frische Limonade mit Limetten und Orangen aus dem Garten. Wir hatten schnell erkannt in welchem Paradies wir gelandet sind und so blieben wir drei Nächte und ließen es uns mit wahnsinnig tollem Ausblick gut gehen. Unser Ausblick von der Terrasse ging genau auf den Los Nevados Nationalpark und ich kann wohl guten Gewissens behaupten, dass uns nicht ganz wohl dabei war die Rauchwolken des Vulkans Ruiz aufsteigen zu sehen. Weiterhin ist der ganz schön aktiv.

Hanno konnte im Chalet in Ruhe arbeiten und ich kam sogar noch zu der Gelegenheit meine ganz eigene Hand voll Kaffee zu produzieren. Nach dem Pflücken der roten Früchte wurden diese erst mal einen Tag in der Sonne getrocknet. Danach wurde per Hand geschält. Für ein kleines Schüsselchen brauchten wir zu dritt 4 Stunden. Puh. Dann wurde nochmal in der Sonne getrocknet, bevor die Bohnen in der Pfanne geröstet wurden. Nach dem Abkühlen gings dann in die Mühle und dann in den Siebträger. 2 Tage Arbeit lagen hinter mir, bevor ich meine Tasse in der Hand hielt. Leider ist er beim Rösten sauer geworden. Da gehört dann doch ein bisschen mehr know-how zu als ich vermutet hätte. Schade, aber trotzdem eine tolle Erfahrung seinen eigens erarbeiteten Kaffee zu trinken. Ab jetzt werde ich wohl guten Kaffee noch mehr schätzen als eh schon. Welch ein Glück, dass der gute Kaffee kommen würde. Wir befinden uns nämlich mit Manizales am nördlichen Tor zur Kaffeeregion Quindio.