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Author: Kerstin

Geschichten von der Straße – Randy der Drogenbaron

Geschichten von der Straße – Randy der Drogenbaron

Wir lernten Randy am ersten Pizzaabend der Ranch kennen. Seine Stirn war eine einzige große Wunde. Er war betrunken mit dem Kopf zuerst auf die heißen Steine eines Lagerfeuers gefallen. Aber er nahms gelassen und wir stellten schnell fest, dass seine Stirn eigentlich immer mindestens von einer Beule geziert wird. Quasi ein Normalzustand. 

Randy ist Ende 60 und unglaublich lustig. Wir haben ihn sofort als sehr spendablen (für alle Craft Beer aus Nevada), offenen und herzlichen Menschen kennen gelernt. Das zweite Mal trafen wir ihn zur Feier des Canada Days auf der Ranch. Wieder mit einer Kühlbox voll Craftbeer im Gepäck und dieses Mal nur mit Beule am Kopf (beim Sprung in den Pool hat er den Boden erwischt). 

Randy ist unglaublich aktiv für sein Alter und eigentlich hüpft er immer um einen rum, sitzt auf dem Boden bei seinem Hund Bigsby oder tanzt. 

Was wir am Anfang nicht wussten, aber durch kleine und große Geschichten dann irgendwann raus kam: Randy war ein Drogenbaron aus Kalifornien. In den späten 70ern hat er mit einer Marihuana-Plantage im Norden Kaliforniens so ordentlich Geld gemacht. Die Plantage ist mittlerweile legalisiert und verkauft, Randy im Ruhestand und das erwirtschaftete Geld ist zum Teil in die Villa in Mexiko geflossen. Er verbringt die Rente hier und genießt sein Leben in vollen Zügen.

Zu Danes und Sabrinas Abschied waren wir dann bei ihm zur Poolparty eingeladen und staunten nicht schlecht. Seine Villa ist unglaublich schön! Sie ist aufgebaut wie ein Schneckenhaus. Von der umlaufenden Terrasse kommt man in die einladende Küche und das Wohnzimmer mit angeschlossenem Gästezimmer und windet sich dann weiter die Treppe hoch zu seinen privaten Zimmern und auf einen riesigen Balkon. 

Highlight ist aber definitiv sein Pool mit Whirlpool. Wir verbrachten eine feuchtfröhliche Nacht bei ihm. Der Abend wurde leider von dem Herrn vermiest, der mit Alejandro zusammen die Ranch sitten sollte. Er benahm sich total daneben. Schade, denn abgesehen von dem Fakt war es einer der besten Abende seit langem.

Randy plante kurz nach Dane und Sabrina ebenfalls die Fahrt zurück nach Californien und lud uns gemeinsam mit Alejandro zu einer weiteren Party ein. Wir freuten uns riesig. Also ging es Samstag Abend zu Randys Haus. Wir parkten dieses Mal in seinem Garten, ließen die Campertüren für die Katzen auf und starteten direkt mit dem bekannten Sierra Nevada Craft Beer in den Abend. Schnell hatten wir alle einen ziemlich guten Pegel erreicht und es ging in den Pool. Über uns funkelten die Sterne und der Vollmond, und die Frösche quakten in den Steinen am Pool.

Willow und ich kochten dann nach einer kurzen Abkühlung für die ganze Truppe. Wir hatten alle definitiv zu wenig gegessen für die Menge Bier die wir schon intus hatten. Das Ganze war irgendwie ein wenig surreal. Da standen wir in der großen Küche des Marihuana-Königs, wärmten ungarische Pilzsuppe auf, kochten Nudeln und stöberten auf der Suche nach Gabeln und Tellern in seinen Schubladen. Absolut verrückt.

Nach dem Essen tanzte Hanno mit Randy zu Creedence Clearwater Revival, Jefferson Airplane und Tracy Chapman im Wohnzimmer um die schlafenden Hunde herum. Aus den Lautsprechen tönten die ganze Nacht Hits der 60er und 70er.

Gegen 2 schlief Willow im Camper ein, als sie nach Katze Aimee schaute, ich verabschiedete mich gegen halb 4, Hanno kam um 5 als neben reichlich Marihuana auch LSD auf den Tisch kam. Lieber nicht! Das wir nicht rauchen hatte mittlerweile jeder akzeptiert, auch wenn wir dadurch als „seltsam“ abgestempelt wurden.

Lee und Randy hörte ich um halb 7 auf dem Weg zum Balkon übers Grundstück stolpern um den Sonnenaufgang zu sehen. Was eine verrückte Nacht. Der Kater am nächsten Morgen war bei uns allen gigantisch. Randy fanden wir schlafend im Wohnzimmer.

Wir nüchterten am Pool aus, holten uns alle einen Sonnenbrand und kühlten uns im Wasser ab.

Schnell wurden Pläne für die zweite Nacht gemacht und das erste Bier zur Bekämpfung der Kopfschmerzen getrunken. Mittags gabs Fisch vom BBQ und Tacos auf der Terasse. Als der Pegel wieder so richtig steil und die Sonne schon wieder unter gegangen war bestellten wir Pizza und brachten den Flachbildschirm an den Pool. Wir waren wegen Biermangel mittlerweile auf Gin- und Rum-Cocktails umgestiegen und es dauerte nicht lange bis Randy nach einem Sprung in den Pool mit blutender Stirn auftauchte. Aber macht nix, da ist er hart im nehmen. Wir schauten vom Whirlpool aus „The Big Lebowski“ und nannten Randy den Rest des Abends nur noch „Dude“. 

Die zweite Nacht endete dann nicht ganz so spät oder früh wie die erste und am nächsten Mittag verabschiedeten wir uns nach einem Morgen am Pool mit einem dicken Drücker von Randy und Bigsby.

Die zwei Tage haben uns einige Gehirnzellen gekostet. Unsere Bäuche hatten Muskelkater vom Lachen und unsere Stimmung war so ausgelassen wie schon lange nicht mehr. Wir haben viel gelernt in diesen Tagen. Z.B. dass nicht alle Drogenbosse schlecht sind. Ich glaube Randy aufs Wort, dass er noch nie jemanden betrogen hat. Randy lässt dich nicht im Stich und du kannst auf ihn zählen. Er ist verantwortungsbewusst und großzügig. Er packt den besten Fisch auf den Tisch (oder eben die ungarische Pilzsuppe), teilt den Inhalt von Kühlschrank oder Kühlbox mit fast Fremden und lässt dich wissen, dass du willkommen bist. Er ist ein guter Mensch, dem man vertraut und der einem ebenfalls schnell sein Vertrauen schenkt. In den 2 Tagen und Nächten lernten wir ihn besser kennen und wir können erahnen, was für ein verrücktes Leben er in den späten 70ern führte. Auch jetzt kann man seinen Lebensstil und seine Lebensfreude weder als Standard noch als durchschnittlich bezeichnen. Ein richtig cooler Opi! Hoffentlich sind wir im Alter irgendwann auch mal so entspannt und mit uns selbst im Reinen.

Wir sind eingeladen wann immer wir wollen zurück zu kommen und auch, wenn die Chancen gering sind, wäre es doch schön Randy irgendwann mal wieder zu sehen. 

Es war uns eine Ehre. Wir können nur immer wieder Danke sagen. 

Das war grandios! Das war wild! 

Tag 384-410 | Weiterhin Rancho Pacifico Baja und kleine Ausflüge ans Meer, El Pescadero, Baja California Sur, Mexico

Tag 384-410 | Weiterhin Rancho Pacifico Baja und kleine Ausflüge ans Meer, El Pescadero, Baja California Sur, Mexico

Nachdem unsere Aufenthaltsgenehmigungen erneuert wurden und wir vier nun sagen können, dass wir alle unsere Geburtstage in 2020 gemeinsam gefeiert haben wurde es etwas langweilig. Wir fragten uns, ob wir überhaupt noch in der Lage sind zu reisen. Die Tage hier sind immer gleich und trotzdem ist es erschreckend wie schnell die Zeit vergeht. Man kommt schnell in eine neue Routine und die Aufregung stieg, nachdem wir die Woche unseres Aufbruchs festgelegt hatten. 

Die Corona-Zahlen sind nach wie vor sehr hoch und immer noch gibt es viele Menschen, die das Ganze nicht ernst nehmen oder sogar gar nicht daran glauben, sodass sich daran in Mexiko (genau wie in den USA) wohl auch nichts mehr ändern wird. Trotzdem glauben wir, dass wir als Camper-Einsiedler im Zweifel einem geringeren Risiko ausgesetzt sind, als viele andere zu Hause. Wir sind kaum in beengten, schlecht belüfteten Räumen und gehen selten einkaufen. Und nicht nur seit Chico bevorzugen wir einsame Orte an der frischen Luft gegenüber touristischen Stadtzentren oder Einkaufsmeilen.

Am Auto haben wir uns, nachdem unsere ToDo Liste leer war, einfach neue Aufgaben gesucht. So wurden die Reifen rotiert, die Radlager hinten kontrolliert und neu gefettet, das Zündschloss am Lenkrad in Betrieb genommen, eine Box für die Motorhaube gebaut, ein paar der Aufkleber entfernt und der komplette Lack poliert. Wir hatten irgendwie nie in Frage gestellt, dass Bruno eventuell doch nicht mit mattem Lack lackiert ist. Bis zur nächsten Fahrt auf der Gravelroad strahlte er mit der Sonne um die Wette.

Außerdem haben wir beim erneuten durchmessen des Tachometers, welches weiterhin ab und zu spinnt, festgestellt, dass das Masseverbindung ins Fahrerhaus ziemlicher Mist ist (Zur Batterie im Wohnbereich übrigens auch, kein Wunder das die Lichtmaschine die Lithiumbatterien nie richtig aufgeladen hat). Also wurde das komplette Amaturenbrett entfernt, Kabel kontrolliert, in einem der kaputte Scheibenwischer repariert und ein neues Massekabel verlegt. 

Außerdem knackte unser Lenkrad plötzlich beim starken Einschlagen. Nach dem Ausbau der Lenkstange stellten wir fest, dass sich eins der zwei Kugellager verabschiedet hat. Mit ordentlich Fett haben wir das ganze aber wieder ans Laufen bekommen und hoffen, dass es uns in Zukunft erstmal keine Schwierigkeiten mehr macht. Die Schotterpiste zur Ranch ist in den letzten Monaten immer schlechter geworden und vermutlich ist sie nach dem nächsten kräftigen Regenschauer nicht mehr befahrbar. Immer wieder sind diverse Schrauben locker oder irgendwas geht zu Bruch. Wir bewegen uns mit 20 km/h bis nach El Pescadero und überlegen uns dreimal ob wir fahren. 

Dann kam der Tag, an dem Dane und Sabrina mit 5 Hunden im Gepäck im Auto wirklich nach Kanada aufbrachen. Wir hatten nicht mehr dran geglaubt, da sie ihre Abreise schon seit Mai immer wieder verschieben. Es war schade, Abschied nehmen zu müssen. Die beiden und die Hunde sind uns echt ans Herz gewachsen. Der Trailer war verkauft, die Hunde sortiert, der „Permanent Residency“-Antrag durch und auf der Ranch die größten Projekte erledigt. 

Sie hatten endlich auch zwei Ranchsitter gefunden, von dem der eine gottseidank wieder weg ist. Der andere, Alejandro, ist ein super Kerl und wir sind froh, dass die Ranch bei ihm in guten Händen ist. Er kümmert sich um die Pflanzen, die restlichen 3 Hunde und das alles rund um die Ranch weiter läuft. Der andere Herr hat sich allerdings ziemlich daneben benommen und hat uns allen hier etwas Sorgen bereitet. Für die Ranch war er definitiv keine große Hilfe und er hätte wohl alle von uns vergrault (inklusive Alejandro, der sich immer wieder zu uns runter ins Camp flüchtete). Wir waren froh, dass Dane ihn dann gebeten hat zu gehen. Er wurde ihnen von „Referenzen“ empfohlen, die beim genaueren Nachfragen dann aber doch gar nicht mehr so genau wussten, warum er so toll war… Wir erinnern uns ein bisschen an unseren Tauchunfall in Indonesien, bei dem wir einen katastrophalen Tauchgang hatten, weil die „Referenzen“ im Internet ja so gut waren und wir nicht auf unser Bauchgefühl gehört haben. Die Situation auf der Ranch war ähnlich, wir alle hatten ein komisches Gefühl, aber es gab ja die guten Referenzen und alle wollten endlich eine Lösung für die Ranch.

Mit Alejandro machten wir dann am nächsten Abend eine Pizzanacht mit Pizza aus dem Steinofen.

Unsere Arbeiten auf der Ranch sind auch soweit abgeschlossen. Oben in der Ecovillage haben wir ein neues Solarsystem in Betrieb genommen, eine Pumpe für die Wassertanks installiert, Rohre gelegt, ein Bewässerungssystem für die Pflanzen etabliert und die letzten Pflanzen gepflanzt. Vor unserem Einsatz ging um 10 Uhr abends das Licht aus und die Pflanzen wollten jeden Tag mit 20 Eimern Wasser einzeln bewässert werden. Jetzt läuft sogar ein Kühlschrank Tag und Nacht und man kommt mit 5 Eimern für die entfernter stehenden Pflanzen aus. Ein bisschen stolz sind wir schon auf unser Werk!

Die Campsite ist auch richtig cool geworden. Wir haben drei weitere Stellplätze fertig gestellt, auch hier Wasserrohre verlegt und so eine Küche mit Waschbecken und eine Dusche gebaut. Richtiger Luxus! Leider war der Wassertank fast leer und nach 1 Woche ist uns das fließend Wasser wieder ausgegangen. Schade! Es war genial! Von der Dusche aus konnte man bis zum Meer sehen und der Wasserdruck war super, da der Tank oben auf dem Hügel steht. Die zukünftigen Camper hier können sich auf ne echt coole Campsite freuen. Willow hat dann noch richtig schöne Schilder erstellt und wir werden dann heute mit den kleinen Details fertig. 

Die letzten 4 Wochen haben wir immer mal wieder eine Nacht am Strand verbracht und ausgetestet wie die Locals so sind und ob Campen geht. Ziemlich gut hat es geklappt und wir waren jedes Mal einfach froh das Meer zu sehen, im Sand zu sein und im Meer zu schwimmen. 

Außerdem verbrachten wir mehrere Tage am Beach House von Sabrina und Dane. Wir nutzten dort Staubsauger (wooooow, ich hatte ganz vergessen das es was andres als Kehrblech und Besen gibt), Waschmaschine, Küche und Gartenschlauch. 

Das letzte Wochenende verbrachten wir dann komplett in der Villa von Randy, den wir bei Pizzaabenden und dem Canada Day auf der Ranch besser kennen lernten. Die Tage dort mit ihm waren besonders und ich habe beschlossen daraus einen eigenen Blogartikel zu machen. 

Ob ihrs glaubt, oder nicht, wir werden morgen nach unglaublichen 75 Tagen versuchen weiter zu ziehen. Seit 2 Tagen packen, organisieren, planen wir. Im Gepäck jede Menge Liter Bier aus Hannos Desert Brewery. Weitere 20 Liter warten darauf in 2 Wochen an der Ranch abgeholt und abgefüllt zu werden.

Wir sind, trotz, dass wir so entspannt waren und nix mehr zu tun hatten, total im Stress. Es fühlt sich verrückt an und wir freuen uns. 

Heute waren wir Nachmittags noch eine Runde wandern mit den Hunden und Alejandro und genossen die unglaubliche Aussicht auf unser Camp. Wer jetzt noch meint, wir hätten nicht gut genug isoliert gelebt die letzten 2,5 Monate, wird wohl hoffentlich durch das Foto überzeugt. 

Heute Abend gabs eine letzte große Runde Fisch-Tacos, Cocktails und einen Film auf der Leinwand, bevor es ziemlich spät ins Bett ging.

Zu Willow und Lee hat sich in den letzten 4 gemeinsamen Monaten eine tiefe Freundschaft entwickelt und wir haben beschlossen noch nicht tschüss zu sagen. Aimee und Chico verstehen sich prächtig und für die Zwei ist es auch schön jemanden zum Spielen zu haben. Wir werden also zusammen weiter ziehen und erstmal die Südspitze der Baja erkunden.

Wir Mädels waren vorgestern schon einkaufen und bei der Craftbierbrauerei Vorräte aufstocken. Die Jungs haben die letzten Bäume auf der Campsite gepflanzt. Es geht wirklich wieder los! Drückt mal alle die Daumen, dass wir nicht direkt wieder von der Polizei verjagt werden! 

Dann werden in nächster Zeit wohl hoffentlich auch die Blogeinträge wieder spannender.