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Author: Kerstin

Klein aber oho – die Wohnkabine

Klein aber oho – die Wohnkabine

So, hier geht es jetzt um das Ergebnis unseres Ausbaus: Unsere vier Wände, in denen wir mittlerweile seit 11 Monaten Vollzeit leben.
Wir werden den Ausbauinteressierten damit hoffentlich ein paar Fragen beantworten. Wenn euch was fehlt, lasst es uns wissen!

  • Die Kabine besteht aus 27 mm Aluminium-Sandwich, welches hervorragend dämmt und uns eine nachträgliche Dämmung erspart hat. Das war zum Glück schon Werksausstattung der Variante „Gefangenentransporter“ und hat uns daher den Bau einer Kabine erspart. Optisch sieht unser Bruno deswegen auch deutlich mehr nach Polizei und weniger nach Camper aus.
  • Alkoven: Die Klappen des Alkoven haben wir aus weißbeschichteten Aludibondplatten gefertigt. Das Material ist super robust, super leicht, gut zu verarbeiten. Dafür aber relativ teuer und ziemlich schmerzhaft wenn man mit dem Schädel gegen die Kanten rennt.
    Die Scharniere haben wir im ersten Schritt dann an die Decke gepopnietet. Im zweiten Schritt wurden dann die Aludibondplatten an die Scharniere genietet. Damit die Klappen auch schön zu bleiben, haben wir unten Magnetbeschläge angebracht. Mit Lederschlaufen haben wir uns eigene Griffe gebastelt.
    Im Alkoven haben wir Teppich verlegt und noch zusätzlich ein Gummi angebracht, damit auch wirklich nix rutscht. In IKEA SAMLA Boxen haben wir hier unsere komplette Kleidung verstaut sowie unsere beiden Backpacks und Winterschuhe untergebracht. Außerdem befindet sich der LTE- und WLAN-Router und ein Haufen Kabel im Alkoven seitlich an der Wand.

  • Regal: Das Regal besteht aus 19mm Paulownia Leimholz, welches besonders leicht, aber auch sehr weich ist. Wir haben das gesamte Paulowina Holz 3fach mit Parkettlack lackiert um es einigermaßen kratzfest zu bekommen, leider verzieht es sich immer noch etwas. In Zukunft würden wir hier wohl eher auf leichtes Multiplex setzen (z.B. aus Pappelholz). Das Regal geht bis zum Boden des Alkoven und besitzt einen Zwischenboden. Im Regal sind folgende Dinge untergebracht:
    – handelsüblicher Haushaltskühlschrank, 45L, kleines Eisfach, strombetrieben mit Kompressor, mittlerweile auch mit Türsicherung (Gummi+Haken). Funktioniert super, aber manchmal wünscht man sich doch etwas mehr Stauraum. Nächstes mal dann vielleicht mit >60L und richtigem Gefrierfach. Einen Haushaltskühlschrank würde ich sofort wieder verbauen.
    – aud dem Zwischenboden befindet sich das Kaffeefach mit ausziehbarem Podest mit fest verschraubter Siebträgerkaffeemaschine und Platz für Kaffee und Zubehör
    IKEA SAMLA Box, die an zwei U-Winkeln geführt wird. Unser Haushaltsfach mit Spültüchern, Reinigunsmitteln, Kehrblech, etc.
    – diagonal gespanntes Gummi und Haken um Inhalt des Regals während der Fahrt zu sichern

  • Garderobe (während der Reise dazu gekommen):
    – Gummi um Jacken darüber zu hängen
    – Schuhregal mit elastischer Wand
    Flaschenhalterung fürs Fahrrad für den Feuerlöscher

  • Seitentüre:
    – verkleidet mit grauem Filz
    Hängeregal für Einkaufstüten, Besen, Spaten, Moskitospray etc.
    Löschdecke für den Fall der Fälle
    – Schlaufe für Hammer und Axt (während der Reise dazu gekommen)
    – über der Tür noch 2 Haken/Knäufe für Autoschlüssel

  • Durchstieg zur Fahrerkabine: Den Durchstieg haben wir komplett neu gemacht. Die Schiebetüren sind aus Makrolon und damit für den TÜV in Ordnung. Wir können die Schiebetüren sowohl von der Wohnkabine aus als auch von der Fahrerkabine aus abschließen. Die Schiebetüren werden oben und unten durch U-Winkel aus Aluminium geführt. Der Rest der Wand ist aus weißbeschichtetem Aludibond mit 1 cm Armaflex-Dämmung gebaut. Der Teil unter den Glasschiebetüren (feste Karosserie) ist mit 2 cm Armaflex gedämmt und mit grauem Filz verkleidet.

  • Dusche: In der Arbeitsplatte der Küche steckt eine BD-Brause mit ausziehbarem Schlauch und es gibt ein Thermostat. So können wir komfortabel draußen duschen. Damit nicht alles hochspritzt, verwenden wir ein Hundeplanschbecken. Ist es draußen zu kalt, können wir das Planschbecken im Eingang platzieren und mit 4 kleinen Handgriffen den Duschvorhang an den Ösen an der Decke befestigen.

  • Ausziehtoilette: Die Toilette befindet sich unter dem Waschbecken und ist eine Trockentrenntoilette. Den Kasten der Toilette besteht aus 5 mm Buchensperrholz mit Vollholz-Verstärkungen in den Ecken. Im Kasten befindet sich ein Eimer mit Mülltüte für das „Feste“. Der Toilettensitz ist von der Firma Separet und durch den Trichter vorne geht das „Flüssige“ direkt über einen Schlauch in unseren Grauwassertank. Wir haben den Kasten auf zwei Schwerlastauszüge mit Einrastfunktion montiert. Der Deckel ist ist mit Scharnieren versehen, damit man gut an den Eimer kommt.

  • Kleines Fach über der Toilette: Im Kleinen Fach über der Toilette haben wir unsere täglich benötigten Waschsachen untergebacht. Zahnbürste, Kamm, Kontaktlinsen, etc. Außerdem sind von hier aus die Wasseranschlüsse erreichbar sowie die Kabel zu unseren Schaltern, die sich auf der Küchenfront befinden.

  • Küchenzeile: Unsere Küchenzeile ist ebenfalls aus 19 mm Paulownia Holz. Alle Arbeitsflächen sind aus einer Bambusleimholzplatte, die mein Onkel uns dankenswerterweise professionell versiegelt und geölt hat. Die Bambusplatte ist super robust und durch die Versiegelung macht ihr auch Wasser nix aus.
    Das Waschbecken ist ein handelsübliches Campingwaschbecken, der Wasserhahn ist von IKEA. Wir haben genau wie bei der BD-Brause auch hier heißes Wasser.
    Der zweite Teil der Arbeitsplatte ist abnehmbar. Wir legen diese flach aufs Bett und erweitern so unsere Arbeits- und Abstellfläche. Unter der Arbeitsfläche befindet sich unser 2-Flammen Spirituskocher Origo A200 von Dometic.
    Unter dem Kocher befindet sich ein Schrank mit zwei Schubläden von IKEA. In diesen haben wir alles an Geschirr und Besteck, Töpfe, den Omnia-Ofen, Essig, Öl, Tupper, etc. versteckt. Die Front der Küche haben wir 3fach weiß lackiert und so das Paulownia widerstandsfähiger gemacht.

  • Gewürzregal: Das Gewürzregal ist ebenfalls aus 19 mm Paulownia. Mit Gummi und Unterlegscheiben haben wir den Inhalt vor dem Rausfallen gesichert. Im Regal befinden sich unsere Becher, Gläser und Gewürze.

  • Sitzbank: Die Sitzbank aus weiß lackiertem Paulownia haben wir mit 20 cm dickem Schaumstoff ausgestattet. Mittlerweile haben wir den Schaumstoff der Rückenlehne angeschrägt, weil es sonst schnell unbequem wurde. Außerdem haben wir den Fußteil der Bank so gestaltet, dass man seine Beine bequem anwinkeln kann. Unter der Bank befindet sich unser Mülleimer, den man vom Gang aus erreicht. Die Holzplatte ist mit einem Push-Beschlag versehen. Der Lederriemen ist nur Deko. Außerdem ist unsere komplette Elektronik in der Sitzbank untergebracht und man kann die Sitzfläche der Sitzbank hochklappen, um besser dran zu kommen.

  • Falltüren: Die Sitzecke ist 25 cm erhöht, weil sich der Radkasten dort befindet. Unter der einen Falltüre lagern wir haltbare Lebensmittel wie Konserven, Reis und Nudeln. Unter der anderen Falltüre befindet sich unsere Dieselstandheizung und unsere kleine Bibliothek, Spielesammlung und aller Bürobedarf.

  • Bierbar: Gummizug, der Flaschen und Dosen am Rumrollen hindert (während der Reise dazu gekommen)

  • Tisch: Der Tisch ist ebenfalls aus Bambus und durch ein Schienensystem an der Wand höhenverstellbar. Theoretisch können wir den Tisch auf Betthöhe bringen und mit den Sitzpolstern der Bank und einem Auszug am Bett das Bett auf 1,4 m Breite erweitern. Haben wir aber noch nie gemacht.

  • Bett: Unser Bett ist 1,85 m lang und 1,00 m breit. Wir schlafen quer. Vorteil wenn man klein ist. Das Bett ist mit Scharnieren befestigt und wir können es vom Wohnraum aus hochklappen um an den Stauraum darunter zu gelangen. Wir haben für das Bett eine Hartschaum-Matratze verwendet und ein handelsübliches Lattenrost. Die Wände am Bett und auch die Innenseiten der Hecktüren haben wir wieder mit grauem Filz verkleidet.

  • Hängeregale: Statt einem festen Schrank haben wir uns am Bett für Hängeregale entschieden. Diese sind von Amazon und quasi unser Nachttisch. Hier bewahren wir unsere persönlichen Gegenstände wie Tagebuch, Kopfhörer oder die geliebte Angel auf. Auf der Kopfseite habe ich während der Reise noch zwei Taschen mit Filz angenäht. Hier haben wir unsere Nachtlektüre, Brillen und Handys untergebracht.

  • Garage: Die Garage beinhaltet in Boxen sortiert alles was wir an Ersatzteilen und Werkzeug mit haben. Zusätzlich sind hier die Campingstühle, der Campingtisch, die Harpune, Tauchsachen, Spiritus für den Kocher, unser Inverter für den Landstrom, 3x 20 L Wasserkanister und der elektronische Wasserboiler (wir haben den mit 24V) untergebracht. Der Platz unter dem Bett ist gold wert.

  • Fenster: Wir haben das Glück gehabt, dass unser Iveco ohne Fenster kam, So konnten wir frei entscheiden und aussuchen. Wir haben uns für die größtmöglich noch passenden Fenster entschieden. Wichtig war uns, dass sie verdunkelt sind, ein Moskitonetz haben und auch noch ein Plissee um die Blicke von Außen komplett zu unterbinden.

  • Boden: Der Boden ist aus Bambus. Ich habe dafür einen Bambus-Badezimmerteppich verwendet, der sogar noch eine dünne Isolierbeschichtung auf der Unterseite hatte. Der Teppich ist durch kleine Alu-L Winkel an den Boden festgedrückt und nicht extra noch durch Schrauben fixiert. So kann er sich je nach Wetterlage ausdehnen oder zusammenziehen. Ich öle den Boden regelmäßig mit Pflanzenöl.

  • Dachlüfter (während der Reise dazu gekommen): Nachträglich am Tag vor Weihnachten im strömenden Regen haben wir ein Loch ins Dach geschnitten und den Dachlüfter von der Firma MaxxAir verbaut. Mit dunkler Kappe fällt er von außen kaum auf, spendet aber doch sogar noch einen bisschen Licht im Innenraum. Das Teil hat einen Regensensor und eine Temperaturautomatik. Die Verarbeitung ist nicht so dolle, aber die zusätzliche Luftzirkulation ist fantastisch.

  • Lichtkonzept: Wir haben uns an Bett, Tisch und über dem Regal für LED-Strahler entschieden, die mit diesem Controller sowohl dimmbar als auch in der Farbtemperatur einstellbar sind. Über der Küche ist unter dem Gewürzregal eine LED-Schiene angebracht und leuchtet die Küchenzeile optimal aus. Die gleiche Lichtschiene befindet sich über der Seitentüre und im Alkoven. Auch diese ist dimmbar und in der Lichtfarbe einstellbar. Unser Lichtkonzept haben wir mit drahtlosen Schaltern und 4 unabhängig voneinander ansteuerbaren Bereichen (Bett, Tisch, Küche, Alkoven) abgerundet. Ein Lichtschalter befindet sich an der Küchenzeile, der andere am Bett.

  • Elektronik: Als Batterien haben wir 8x60Ah Winston LiFeYPo4-Zellen verbaut, also 60Ah bei 24V oder umgerechnet 120Ah bei 12V. Die Batterien sind zusätzlich mit einem Balancer verbunden, um die Zellspannung gleichzuhalten und die Batterien vor Unterspannung zu schützen. Der Ladezustand wird über einen Victron SmartBMV mit Bluetooth überwacht. Die Batterien werden über die Solaranlage und beim Fahren zusätzlich über die Lichtmaschine geladen. Die Fahrzeug- und Wohnraumbatterien sind über ein Victron Cyrix Trennrelais (bzw Victron Cyrix Li für Lithiumbatterien) verbunden und können so beide durch Lichtmaschine und Solar geladen werden. Der Wechselrichter ist ebenfalls von Victron und mit 1200VA reiner Sinusleistung auch ausreichend für die Kaffeemaschine. Ursprünglich hatten wir mit einem 375VA Wechselrichter für den Kühlschrank und einem günstigen 2000W Wechselrichter für alle anderen Geräte geplant, doch der Haushaltskühlschrank zieht beim Anlaufen fast 700W, so dass der kleine Wechselrichter nicht ausreichte. Der kleine Wechselrichter hätte einen niedrigeren Standby-Verbrauch gehabt, daher waren ursprünglich zwei geplant. Da der Victron Wechselrichter jedoch auch einen Eco-Modus hat, der den Standbyverbrauch von 15W auf unter 1W reduziert, ist das nicht mehr notwendig. Der Wechselrichter hat ebenfalls ein Bluetooth-Dongle, so dass wir den Eco-Modus per Handy ein- und ausschalten können.

  • Solar: Ursprünglich hatten 4x100W Flexible ETFE-Panels aus China verbaut, die sind uns leider aber nach 10 Monaten innerhalb von 3 Wochen nacheinander ausgefallen (nicht zu empfehlen!). Die Panel haben außerdem nie mehr als 320W der versprochenen 400W erreicht, auch nicht in Mexiko bei bester Sonne. In Mexiko haben wir dann auch notgedrungen auf ein starres Panel von TrinaSolar mit 405W umgerüstet. Das Panel ist 2x1m und eigentlich für Dachanlagen gedacht, dafür aber auch um Welten besser verarbeitet und liefert sogar mehr als die versprochenen 405W (Peaks bis zu 430W, mehr kann unser Laderegler nicht). Als Solarregler haben wir einen SmartSolar MPPT 75/15 von Victron verbaut, auch wieder mit Bluetooth. Sowohl das alte, als auch das neue Setup haben vollkommen ausgereicht. Lediglich nach 1 Woche Regen im Yukon in Kanada mussten wir mal an eine Steckdose. Ansonsten kommt man dank Eco-Modus und Lithiumbatterien auch über mehrere Tage mit schlechtem Wetter hinweg, vor allem wenn man während dessen fährt. Wenn nur der Kühlschrank läuft und unsere Handys geladen werden, verbrauchen wir am Tag ca 20-40% der Batteriekapazität, je nach Außentemperatur. Die Dieselstandheizung verbaucht nach dem Anlaufen kaum noch Strom (ca. 10% über Nacht). Selbst bei Regen und schlechtem Wetter reicht die Solaranlage noch, um tagsüber den Kühlschrank zu betreiben. Die größten Stromfresser sind unsere Laptops und der Wasserboiler. 2 Cappuccinos mit der Siebträgermaschine kosten ca. 5% Batteriekapazität.

  • Wasser: Wir verfügen über 3 x 20 Liter Trinkwasser, welches sich unter dem Bett befindet. Durch eine Tauchpumpe, die wir in die Kanister stecken befördern wir das Wasser entweder auf direktem Wege oder mit Umweg durch den Wasserboiler zu unserem Wasserhahn.
    Den Wasserboiler (wir haben den mit 24V) können wir manuell durch einen Knopf am Bedienpanel an der Küchenzeile anschalten. Da er elektrisch beheizt ist, benötigt er allerdings ca. 1/4 unserer Batteriekapazität. Sobald unsere Batterien vollständig durch die Lichtmaschine oder die Solaranlage geladen wurden, fließt der überschüssige Strom automatisch in den Wasserboiler, so dass wir an sonnigen Tagen abends automatisch warmes Wasser haben.
    Unser Grauwasser fließt vom Waschbecken direkt raus in 2×20 L Grauwassertanks, die sich jeweils hinter den Trittstufen der Fahrerkabine befinden.
    Seit Mexico haben wir zusätzlich noch eine Solardusche mit 20 L Kapazität auf der Motorhaube angebracht. Hier füllen wir auch nicht trinkbares Wasser ein und nutzen es nur zum Duschen.

  • Heizung: Wir haben eine Planar Dieselheizung verbaut. Sie befindet sich unter den Falltüren im Sitzbereich. Das Bedienelement haben wir mit an der Kuchenzeile angebracht.

  • Pop-up Dach: Unser Pop-up Dach war bei Kauf bereits verbaut. Als erstes fanden wir es doof, jetzt sind wir froh, es zu haben. Das Raumgefühl ist mit 1,85 m Höhe ziemlich gut und durch den Stoff und die Moskitonetze bekommen wir zusätzlich Luft ins Auto. Es heizt lange nicht so schnell auf, wenn das Dach oben ist.

  • Router, WLAN: Im Alkoven haben wir einen WLAN- und LTE-Router verbaut, der jeweils Innen- und Außenantennen hat. Da Brunos Aluminiumhaut ziemlich effektiv Radiosignale blockt, haben wir im Inneren oft deutlich schlechteren Empfang. Der Router ist selbstgebaut und basiert auf einem APU4C4 Mainboard mit Sierra MC7455 LTE-Karte (unterstützt die wichtigsten LTE-Bänder weltweit). Als Software läuft die Router-Firmware OpenWRT. Die LTE-Außenantennen haben je nach Rahmenbedingungen besseren Empfang als unsere Handys, bewirken aber auch keine Wunder. Die verbaute WLAN-Karte und WLAN-Außenantennen helfe recht gut, öffentliche WLANs auch aus größerer Entfernung zu erreichen. Bis das Ganze zuverlässig funktioniert, hat es allerdings einige Zeit gedauert, sodass ich das nur IT-Bastlern mit hoher Frustrationstoleranz empfehlen kann.

Amazon Affiliate Links

Alle angegebeben Links sind Affiliate Links zu Produkten auf Amazon, die wir auch wirklich im Camper verwenden. Solltet ihr über einen der Links Amazon öffnen und einen Kauf tätigen (egal ob es ein Artikel ist, den wir verlinkt haben, oder nicht) gehen bei uns ein paar Cent in Brunos Dieselkasse. Für euch entstehen dabei keine Mehrkosten.
Tag 297-320 | Todos Santos, Baja California Sur, Mexico

Tag 297-320 | Todos Santos, Baja California Sur, Mexico

Wir fuhren also nach Todos Santos. Der Südeingang zum Dorf war mit großen Hügeln Erde blockiert also mussten wir zum Nordeingang. Bruno hätte es bestimmt drüber geschafft, aber wir wollten keinen Ärger und die kleine Ruby hatte schon genug Action im Sand.

Wir wussten, dass es nicht einfach werden würde ins Dorf zu kommen, welches von Anwohnern abgeschottet wurde. Wir kamen dann im Norden am Eingang des Dorfes zur Absperrung, besetzt mit Freiwilligen. Diese Barrikade nennt sich „Filter“ und verstößt genau genommen gegen mexikanisches Recht, aber wen interessiert das schon. Wir hatten uns die spanischen Worte für „mieten“, „Haus“ und „leben“ parat gelegt und sagten dem Herrn der uns anhielt, dass wir im Viertel San Vincente ein Haus gemietet haben und seit Wochen und Monaten in der Gegend sind. Er wies uns an das Auto rechts ran zu fahren und ging zu den anderen Freiwilligen um unsere „Einreise“ zu diskutieren. Zum Glück kannte irgendjemand Bruno und wir bekamen fieses Desinfektionsmittel in die Hände gesprüht und ein Go zur Weiterfahrt.
Bei Willow und Lee liefs leider nicht so rund, komischerweise kannte niemand ihr Auto, obwohl sie noch länger in Todos Santos waren. Wir entschieden das ganze dann einfach auszusitzen und die Einfahrt des „Filters“ zu blockieren, bis wir weiter konnten. 5 Minuten später rollten wir gemeinsam durch Todos Santos. Eine Geisterstadt. Erschreckend leer. Wir fuhren auf direktem Weg zu unserem Haus und trafen unsere Vermieterin, die trotz unserer Verspätung noch voll im Putzwahn war. Witzigerweise kannten wir sie und ihre Kinder schon, weil sie die Initiatorin des Schildkröten-Projekts ist. Das Haus war spartanisch, aber praktisch eingerichtet, für deutsche Verhältnisse spotgünstig, Bruno hatte einen Stellplatz auf dem Grundstück und wir hatten einen tollen Balkon mit Meerblick. Wir kannten die Nachbarschaft auch schon ein bisschen, weil Tobias, bei dem wir gestrichen hatten und der uns die ersten Surfstunden gab, eine Straße weiter wohnt. Wir entschieden uns dazu, erst einmal für einen Monat zu mieten und dann weiter zu schauen.

Währenddessen hatte draußen jemand unsere Autos fotografiert und auf Facebook den „Filter“ für schlechtgemachte Arbeit angeprangert. Eh wir reagieren konnten, war der Eintrag wieder gelöscht, aber einige Leute waren schon in die Breche gesprungen und hatten uns verteidigt. Beruhigend zu wissen.
Willow und Lee hatten Freunde ein paar Häuser weiter und zogen zu denen in den Vorgarten. Sie warteten noch auf ein Paket, was eigentlich schon längst da sein sollte und wollten dann Richtung Norden zur amerikanischen Grenze weiter. Deren Ziel ist Alaska.
Wir zogen also erst mal aus Bruno aus und ins Haus ein. Ich putzte alles ein zweites Mal, da sauber definitiv anders war als das was wir da vorfanden.
Die ersten Nächte schliefen wir furchtbar schlecht. Uns fehlte Bruno und die Hunde in den Straßen kläfften wie blöde. Dazu kam die nicht gerade leise Hühnerfarm auf der anderen Straßenseite. Puh.
Nach einer Woche hatten wir dann langsam einen Rhythmus entwickelt, uns an die Geräusche des Dorfes gewöhnt und konnten den neugewonnen Wohnraum durchaus schätzen. Morgens frühstückten wir ausgiebig, genossen die Gesellschaft der Katzen auf dem Balkon, dann lernten wir spanisch, arbeiten an der App und ordneten so einige Dokumente und Unterlagen auf unseren PCs. Mit der Aussicht auf gutes WLAN gab ich mich dann auch mal an die Neuordnung und Sortierung aller bisher gemachten Fotos. Mit beiden Kameras, GoPro und den Handys waren wir bei knapp 15000 Fotos und hunderten Videos. Nach einer Woche war ich fertig und ganze 109 GB mussten nun über das WLAN ihren Weg in unseren Cloudspeicher finden. Das WLAN machte schlapp und mein PC brauchte geschlagene 2 Wochen und zusätzliches Internet über einen Datentarif um fertig zu werden. Aber hey, wir hatten ja die Zeit.

Immerhin konnten wir dank WLAN nochmal mit einigen unserer Liebsten ausführlich telefonieren und uns up-to-date bringen.

Die nächsten Tage erkundeten wir gemeinsam mit Willow und Lee die Nachbarschaft und kamen in den Genuss von frischgebrautem, aber ziemlich teurem Craftbeer und Fischfilets für umgerechnet ein Euro pro Stück.

Abends verbrachten wir dann in der ersten Woche oft bei Familie Thompson, wo Willow und Lee untergekommen waren und schauten über den Beamer Filme. Aus ihrem Plan schnell weiter Richtung Norden zu fahren, wurde dann nämlich gar nix. Aimee, ihre Katze, war von drei Hunden gejagt und verletzt worden. Es ging zur veterinären Notfallklinik nach La Paz und schnell war klar, dass ihr Vorderbein gebrochen war. Sie humpelte dann mit riesigem Verband durch die Gegend und war ziemlich unglücklich über ihren Zustand. Eine Woche später wurde die Kleine operiert und ihr Knochen mit einer Metallplatte verstärkt. Am Tag der OP zogen Willow und Lee dann mit bei uns ein. Sie hatten entschieden, dass sie zwei Woche zur Ruhe kommen und Aimee eine Auszeit gönnen wollten. Im Erdgeschoss gibt es noch ein kleines Hüttchen mit Nasszelle und so freuen wir uns über Nachbarschaft.

Das ist ziemlich cool, denn schnell entwickelte sich der große Tisch und die Außenküche im hinteren Teil des Grundstücks zum Dreh- und Angelpunkt unseres „WG-Lebens“. Trotzdem haben wir alle noch genug Raum uns zurück zu ziehen und so werkeln wir die meisten Tage an unserem eigenen Zeug rum und treffen uns zum Abendessen.
Viele Abende kam uns Familie Thompson besuchen und wir veranstalteten weiter Filme und Spiele-Abende.
An Willows Geburtstag kochten wir alle gemeinsam. Die zwei machten verschiedenste Indische Currys, Hanno und ich steuerten selbstgebackenes Naan-Brot bei und Familie Thompson brachte Kichererbsensalat und Cuscus mit. Hanno mixte den ganzen Abend Cocktails und die waren sogar echt lecker.
Und dann gabs unsere leere Piñata und noch ein bisschen mehr Alkohol. Es ging ziemlich spät ins Bett und der nächste Tag startete erst Mittags aber ohne Kater. Ein kleines schelchtes Gewissen bleibt, ob wir da nicht zu 8 eine feine Corona-Party veranstaltet hatten. Hm…

Dann wurden die Maßnahmen deutlich verschärft in Mexiko und man durfte nur noch alleine Autofahren oder auf der Straße sein. Nur noch der Gang zum Supermarkt, der Apotheke, dem Arzt oder der Arbeit war erlaubt.

Wir verbrachten dann ganze zwei Wochen nur auf dem Grundstück und machten das Beste draus. Gestern waren wir dann mal im Dorf. Bruno wollte nach 3 Wochen Standzeit bewegt werden. Also ging es zur Wäscherei, zur Bank und zur Brauerei, die glücklicherweise noch Bier verkaufte. Gefühlt sah man mehr Menschen und Autos auf der Straße als bei unserer „Einreise“ vor drei Wochen. Nicht ganz nachvollziehbar. Wir hatten ein schlechtes Gewissen beim rumlaufen und fühlten uns wie Verbrecher. Scheinbar waren wir mit dem Gefühl aber alleine. 36 Stunden Zelle, 3 Tage Sozialstunden im Corona-Krankenhaus oder umgerechnet 800 € Strafe droht bei Regelverstoß. Nicht ganz so spaßig.

Mit Willow und Lee verstehen wir uns hervorragend und meistens sitzen wir Abends zusammen, tauschen uns aus und erzählen vom Leben. Selbstverständlich immer mit Bier. Unser Konsum ist definitiv deutlich gestiegen, seit wir sesshaft geworden sind. Mies, dass die Brauereien in Mexico nicht mehr arbeiten und nix mehr verkaufen dürfen, da kein essenzielles systemerhaltenes Business. Der Schwarzmarkt blüht und die Preise steigen.
Wir vier haben einen ziemlich ähnliche Einstellung zum Leben und interessanterweise ziemlich ähnliche Storys auf Lager. Wer hätte das gedacht, die zwei haben sich auch im Vollsuff kennengelernt. 😀
Unsere Meinungen über das, was hier gerade los ist, ist ziemlich identisch und es ist sehr angenehm zu erfahren, dass es noch Menschen gibt, die nicht total abdrehen und Verschwörungstheorien glauben schenken und sie verbreiten. Im Dorf und im Travelerumfeld ist das durchaus der Fall und wir stellen beim lesen der örtlichen Facebookgruppe fest, dass ziemlich viele Menschen hier (übrigens über die Hälfte Amis) ein ziemlich verqueres Bild haben. Der mexikanische Präsident hat glücklicherweise endlich auch den Ernst der Lage begriffen. Die Leute in Todos Santos leider weniger. Sie feiern und treffen sich und machen weiter wie bisher. Läden haben zwar geschlossen, aber dafür blüht das Privatleben gerade auf. Die Leute sind der Meinung, dass Corona nicht im Dorf ist und die Filter das verhindern. Eigentlich alle hier pendeln regelmäßig in die Corona-Hochburgen Cabo und La Paz. Es scheint einen unsichtbaren Vorhang zu geben der den Virus am Ortseingang eliminiert…
Tja, seit gestern gibt es nun den ersten bestätigten Fall in Todos Santos. Wir sind gespannt, ob und was das nun ändert. Wir vier haben unsere Mieten verlängert und warten gespannt darauf, ob die Maßnahmen, wie angekündigt, am 31. Mai gelockert werden.