Tag 83-87 | Inside Passage, Prince Rupert, Stewart, Highway 37, B.C., Kanada / Hyder, Alaska, USA
Morgens um 7 Uhr gings also endlich auf die Fähre. Von der erwarteten wir viel, denn die Kohle die wir in die Fahrt stecken mussten, war nicht gerade gering. Der Sonnenaufgang versprach einen regenfreien, kalten Tag und so wars dann auch. Wir hatten am Abend vorher unsere zwei kleinen Tagesrucksäcke mit Essen, Kindle, Kopfhörern, warmen Klamotten, Decke und Kameras gepackt und stiefelten mit diesen, nachdem wir Bruno abgestellt hatten, zu einem Fensterplatz und erstaunlich bequemen Sitzen. Die Plätze wurden unsere Basis und von da aus unternahmen wir kleine Touren auf Deck, ins Restaurant und zu einer Privatführung auf die Schiffs-Brücke. Der dritte Offizier erklärte uns alles Mögliche und verriet uns die besten Spots auf der Tour. So lernten wir, dass die Brücke jeweils dreifach besetzt ist und jeder für den anderen einspringen kann, dass auch die Offiziere nach jahrelanger Arbeit auf dem Schiff noch seekrank werden und das es ordentlich tief in dem so unglaublich engen Kanal ist.
Nach den Spotting-Tipps vom Offizier standen wir dann ungefähr alle 1,5 Stunden auf Deck an der Reling und sahen einfach jedes mal was. Buckelwale, die mit den Wellen der Fähre zu spielen schienen, Orcas die in einer Bucht kreisten, Delfine die eher aufgeschreckt die Flucht ergriffen, jede menge Adler, kleine verlassene Siedlungen und Leuchttürme, Wasserfälle, Steilküsten. Der Sonnenuntergang war super schön und gegen Mitternacht waren wir in Prince Rupert. Unglaublich, wie schnell die 16 Stunden rum waren. Hat sich doch gelohnt!
Von Prince Rupert ging es am nächsten Tag morgens weiter. Eher zufällig landeten wir in Stewart, nachdem wir in einer Broschüre darüber gelesen haben. Der Highway 37 und 37 A ist einfach spektakulär. Komisch, dass er so unbekannt ist. Wir sahen mehrere Schwarzbären (auch eine Bärenmama mit Baby), einen Fuchs oder Kojoten (?! – Siehe Foto. Wer die Spezies kennt, kann ja mal sein Wissen teilen), einen Wolf, Karibus, Adler und wir kamen am Bear Glacier vorbei der uns einen Vorgeschmack auf die nächsten Tage gab.
Wir schliefen am Clemens Lake, wo wir noch auf gleichgesinnte trafen und nen lustigen, bierreichen Abend hatten. Am nächsten Tag gings dann nach Stewart rein und nach ein paar Informationen aus dem einzigen Hotel dort (die Visitor-Info hat schon geschlossen. Nachsaison und so…) wagten wir den Schritt über die wohl einzige unbewachte US Grenze nach Hyder, Alaska. Wenn das der Präsident wüsste! Hyder ist nur noch eine Ghosttown, aber irgendwie ganz spannend. Wenige Kilometer weiter fängts dann furchtbar an zu stinken. Am Fish Creek liegen hunderte tote Lachse, die auf dem Weg den Fluss hinauf gestorben sind. Ganz schön ekelig. Trotzdem haben wir Stunden dort verbracht, da es dort regelmäßig Schwarzbären und Grizzlys zu sehen gibt. Leider hatten wir kein Glück, obwohl an dem Tag 4 Mal Bären gesichtet wurden, und wir fuhren weiter eine ziemlich kurvenreiche, buckelige Gravelroad durch die Berge hoch zum Salmon Glacier. Bei purem Sonnenschein raubten uns die riesen Eismassen den Atem. Wahnsinn! Da können die Columbia Icefields (oder zumindest das was man von unten sieht) echt einpacken. Wir konnten gar nicht genug bekommen und fuhren mit Bruno ein bisschen querbeet auf den Schotterpisten entlang des Gletschers und der Berge. Wunderwunderwunderschön!
Der Grenzübergang zurück nach Kanada ging dann Abends reibungslos und wir entschlossen uns daraufhin am nächsten Tag nochmal für die Fish Creek rüber zu fahren.
So standen wir am nächsten Tag von 6:30 bis 20 Uhr an der Fish Creek im Regen und in der Kälte. (Ja, ich hab relativ viel rumgenölt. Hunger, Pipi, kalt und so…) Und ratet mal: genau, kein einziger Bär für uns. Ziemlich frustrierend. Kalt, nass und etwas ernüchtert fuhren wir wieder rüber nach Stewart. Manmanman. Trotzdem wollten wir nicht aufgeben und gaben dem ganzen noch eine allerletzte Chance am nächsten Morgen. Wieder standen wir gegen 6.30 Uhr im Regen am Fish Creek. Ich blieb an der Stelle, wo ich am Vortag für ca 3 Sekunden einen Grizzly erahnen konnte. (Hat mir Hanno natürlich nicht geglaubt 😛 ) Kaum war Hanno wieder auf Wanderschaft gegangen tauchte er dann tatsächlich auf. Ich war so aufgeregt und glücklich und gleichzeitig so kurz vorm Nervenzusammenbruch, weil Hanno keine meiner Signale wahrnahm und in die andere Richtung davonlief. Richtige Verzweiflung machte sich breit. Am liebsten hätte ich nach ihm gerufen, aber die Angst war zu groß dass der Grizzly dann abhaut. Nach gefühlten Stunden nahm Hanno dann endlich mein Armeschwenken und Rumgehampel wahr und wir konnten dem Bären dabei zusehen, wie er schnurgerade auf uns zulief, im Fluss rumwatete, den ein oder anderen toten Fisch rumschubste, mal an einem probierte und dann ein ausgiebiges Bad im Tümpel nahm und lustlos mit einem toten Fisch spielte, bevor er im dichten Wald verschwand. Magische 20 Minuten und sau furchteinflößend. Der kam uns ganz schön nah und ließ uns wissen, wer hier der Boss ist. Als er unter der kleinen Plattform durchlief auf der wir standen hatte ich ganz schön Gänsehaut und musste echt mit mir kämpfen, dass ich ruhig blieb und nicht wegrannte. Das waren weniger als 3 Meter Abstand und seine Augen sind so böse!
Fantastisches Erlebnis. Gruseliges, riesiges Tier. Da sind mir die Schwarzbären doch lieber.
Weiter gings dann den Highway 37 hoch. Ich kanns einfach nicht fassen, dass der nirgendwo erwähnt wird. So viele Tiere, so wundervolle Herbstlandschaft! Zum Glück haben wir die Fähre genommen, sonst wären wir hier niemals hingekommen.