Tag 162-174 | San Francisco, Highway 1, Pismo Beach, Santa Barbara, Santa Monica, Los Angeles, Kalifornien, USA
Aus dem Schnee ging es dann also rein in den Nebel. Standesgemäß mit schlechter Sicht und schlechtem Wetter empfing uns San Francisco. Bruno stellten wir nach einer unfreiwilligen Runde durch den Business-District (danke, Navi!) an der Marina ab und machten uns zu Fuß auf den Weg. Immer mal wieder regnete es, aber die Golden Gate Bridge tauchte dann doch aus dem Nebel auf und wir bekamen sie sehr eindrucksvoll zu Gesicht.
Den Rest des Tages ging es Berg auf und Berg ab. Wir staunten nicht schlecht über die Schräglage der geparkten Autos und waren mehr als froh, dass wir Bruno die Straßen nicht hoch und runter prügeln mussten. Er hätte das ganz und gar nicht gemocht. Umso faszinierender sind die Cable Cars die sich die Berge hoch und runterziehen. Witzig, wie sie so vollkommen aus dem falschen Jahrhundert zu sein scheinen.
Wir liefen dann zu Fuß die berühmte Lombard Street hoch und rein nach China-Town, wo wir uns in einem Schnellimbiss/einer Bäckerei mit unbekannten Spezialitäten für unter 8$ eindeckten. Auf einer Parkbank picknickten wir dann und fanden 2 aus 4 Gerichten echt hervorragend. Nicht die beste Quote, aber einen Versuch wert. In Little Italy ließen wir uns dann noch in einer kleinen Bäckerei von der wundervollen Auslage verlocken und gaben ein Heidengeld für zwei Teilchen aus. Die waren aber beide sehr lecker. Bessere Quote.
Weiter gings zum Coit Tower, den wir genau bei Sonnenuntergang bestiegen. Wunderschöne Aussicht und unverhofft ruhig da oben.
Nach Sonnenuntergang gings dann zurück ans Wasser auf den Pier 39. Es war super wenig los und echt gemütlich. Wir statteten den Seehunden noch einen Besuch ab, Hanno bekam seine Muschelsuppe und im Fisherman’s Wharf schlenderten wir an Gallerien, Souvenirläden und Streetfoodständen vorbei zurück zur Marina und zu Bruno.
Städte sind nicht unsere liebsten Ziele, denn Übernachten ist schwierig. Wir standen auf einem Supermarktparkplatz, auf dem ein Haufen Obdachlose wohnten. Insgesamt keine entspannte Nacht und wir machten uns morgens gegen 6 auf dem Weg zum Baker Beach. Dort schauten wir den verregneten Sonnenaufgang an der Golden Gate Bridge, bevor wir uns noch eine Runde schlafen legten. Gegen Mittag machten wir dann noch einen kleinen Spaziergang am Strand, den wir uns mit einer Horde Hunde und deren Hundesittern teilten. In San Francisco gibt es mehr Hunde als Kinder. Der Beruf des Hundesitters ist daher weit verbreitet. Eigentlich ganz entspannt.
Dann gings weiter nach Haight-Ashbury ne Runde bummeln. Der eher alternative District hat mich echt begeistert. Wir streunten durch die Plattenläden, lugten in hippe Secondhandläden, shoppten Lernbücher für Gitarre und Mundharmonika im Music Store und fanden lustige Streetart und sehr interessante Menschen.
Pünktlich zur Rushhour gings dann raus aus der Stadt. So nen richtigen Stau hatten wir selten erlebt. Also brauchten wir für wenige Meilen durchs Silicon Valley und die Vororte Stunden. Fehlplanung vom feinsten bei uns zweien. Naaaa gut.
Umso cooler, dass wir nen richtig guten und günstigen Campingplatz in einem Offroad Spieleparadies fanden. Erst mal Internet nutzen und Daten sichern, dann duschen und dann gemütlich machen und dem Regen lauschen.
Am nächsten Morgen wurden wir von Crossbikes ziemlich früh geweckt. Wir reinigten noch die Schneeketten vom Salz und verstauten sie wieder. Irgendwie waren wir der Meinung, dass wir sie nicht mehr brauchen. War nicht so, aber dazu später mehr.
Dann gings nach Carmel-by-the-Sea. Wir waren zwischen all den Porsches und Teslas und Mercedes in den Straßen mit den ordentlichen Vorgärten und fein gepflegten Häusern definitiv die bunten Hunde. Ehrlich gesagt fühlten wir uns zeitweise ziemlich wie Penner. Unsere Klamotten passten so gar nicht zu den feinen Kleidchen und Kostümchen der (desperate) Housewives. Trotzdem verbrachten wir den Nachmittag in dieser uns so weit entfernten Welt am Meer.
Die Nacht verbrachten wir am Meer in einer Parkbucht auf dem fantastischen Highway 1. Wir kurvten Stunde um Stunde an der Küste entlang und ganz, ganz kurz wünschten wir uns auf die Sitze eines Sportwagens. So schnaufte Bruno ein bisschen und wir tingelten gemütlich an der Küste entlang. Morgens sagten wir den Seeelefanten hallo und blieben viel länger als geplant. Richtig witzig sind diese Riesen.
Dann gings weiter zum Hearst-Castle in eine absolut surreale Welt. Es war Nikolaus und wir gönnten uns die Eintrittskarten für eine Führung. Insgesamt sehr erstaunlich wie viel fehlender Geschmack in einem Menschen vorhanden sein kann. Die Führerin gab sich alle Mühle den Erbauer und Besitzer des Castle positiv darzustellen. Bei uns blieb allerdings das Bild eines narzistischen, protzigen, diktatorischen und machtgeilen alten Mannes. Nach ein bisschen rumgegoogle verfestigte sich das Bild von Mr. Hearst dann noch. Der Dokumentationsfilm im hauseigenen Kino war allerdings beindruckend gemacht (und äußerte sogar ganz leise Kritik an dem Erbauer) – und wir spürten schon die Nähe zu Hollywood.
Dann gings nach Pismo, wo in einem Wald die Monarch-Falter überwinterten. Dank Dauerregen in den letzten Tagen hatten sich die Kerlchen allerdings verzogen.
Wir steuerten dann den Strand in Pismo an. Es kribbelte uns schon seit wir den Pazifik wieder gesehen hatten und wir wollten endlich auf den Strand mit Bruno. Es regnete, es wurde dunkel, es war Sturm gemeldet und die Info, dass die Flut um 6 Uhr morgens bei 5 liegt waren perfekte Ausgangsbedingungen. Wir ließen die Luft bis auf 1,5 bar aus Brunos Reifen und wagten uns auf dem Strand. Während wir so über den Sand fuhren fragten wir uns dann was wohl „Flut liegt bei 5“ bedeuten mag. 5 was? 5 Äpfel, Birnen, Bananen… wir Profis. Gewarnt wurden wir vor dem fluffigen Sand, denn darin bleibt man stecken. Wir beschlossen dann irgendwo in der Mitte zwischen Meer und Düne zu stehen. 5 sind wohl 5 Fuß. Mit dem GPS Gerät versuchten wir die Höhenmeterunterschiede von Meer und Brunos Stellplatz zu messen. Zwischen 0 und 4 Metern kriegten wir alles raus. Nicht gerade hilfreich.
Am Ende beschlossen wir dann einfach, dass wir hoch genug stehen und schliefen gut. Der Blick am nächsten morgen aus dem Fenster schockierte uns dann aber doch. Aiaiai war das Meer nah gekommen. Wir frühstückten und hörten dem Regen zu, dann drehten wir noch ne Runde über den Strand bevor es weiter Richtung Santa Barbara ging.
In Santa Barbara kamen wir nicht an, denn kaum auf der Autobahn trafen wir Jaro und Niklas mit ihrem T3 Syncro. Nächste Abfahrt fuhren wir also zum Quatschen wieder ab und versackten bis kurz vor der Dämmerung mit Kaffee und Geschichten zu viert in Bruno.
Also gings in Kolonne noch gerade bis in einen Vorort von Santa Barbara wo wir kurzerhand in eine Bar einkehrten. Mit Billard, Bier und mitten in einer amerikanischen Firmenweihnachtsfeier (die komplett eskalierte), schlugen wir uns die Nacht um die Ohren. Wir schliefen kurzerhand einfach auf dem Parkplatz. Am nächsten Morgen liehen wir den Jungs noch einen kleinen Haufen Werkzeug und fuhren weiter bis zu Hannos Cousin Alex nach Los Angeles.
Bei Alex lebten wir dann seeehr luxuriös. Super Waschmaschine, super Dusche, super Wohnung, gutes WiFi und mit Katze! Und wir wurden von einem Nikolaus-Paket aus der Heimat überrascht. Juhuuuu, Nusspli! Abends fuhr Alex mit uns dann noch ein bisschen durch die Stadt. Wir waren am Griffith Observatorium, wo uns eine super Ausstellung ziemlich packte und die Skyline von L.A. echt beeindruckend war. Dann gings noch zur Disney Music Hall für einen kleinen Fotostop und wir bummelten etwas durch das Business-Viertel in Downtown. Die Nacht verbrachten wir sehr bequem mit Gäste-Parkausweis bei Alex vor der Tür im feinen West Hollywood.
Das Wetter am nächsten Morgen war super und wir wanderten noch hoch zum Hollywood Sign. Der Weg dahin war spektakulärer als das Schild (man sieht es aus der Nähe nur von hinten) und die versmogte Skyline von Los Angeles regt zum Nachdenken an.
Also raus aus der Stadt und ab nach Venice Beach und Santa Monica. Hier trafen wir wieder auf Jaro und Niklas und verbrachten einfach die komplette Woche mit den zweien dort. Tagsüber packten wir die Gartenstühle vor die Autos, fuhren die Markisen aus und entspannten. Wir schauten Leute, Leute schauten uns, wir lasen, quatschten, spielten und bekamen einen Haufen Besuch von Autofans, deutschen Touristen und schnorrenden Obdachlosen.
Von den Obdachlosen bin ich nachhaltig schockiert. Das wurde mir irgendwie bisher verschwiegen! In Venice und Santa Monica wohnen sie zu hunderten am Strand und es existieren richtige Zeltlager. Dazwischen tummeln sich Bodybuilder, Möchtegernmodels, Touris, Jogger, Hipster und Musiker. Absolut interessante Mischung und uns wurde einfach nicht langweilig.
Von einem Obdachlosen wurden wir sogar verfolgt und wir rannten voller Panik ins Auto und verriegelten die Türen. Er kratzte dann am Fenster und verfolgte uns zu Fuß, als wir mit quietschenden Reifen über den Parkplatz davon bretterten. Hanno hat ein verstörendes Bild vom Beifahrersitz geschossen.
Es war echt angenehm warm und wir konnten sogar am Strand duschen ohne abzufrieren.
Tagsüber standen wir auf dem Parkplatz am Strand, abends fuhren 100 m weiter auf die Straße und suchten uns eine Kneipe mit Happy Hour, Seafood, All-you-can-eat Tacos, Burger und Bier.
Wir lernten noch Einheimische mit zwei T3 Bullis kennen die uns erzählten, dass hunterte Klos im Meer in Santa Monica versenkt wurden und Hummer darin wohnen. Wenn man die Klodeckel zuklappt, kommen die Hummer durch die Abflussleitung raus. Die Gefrierschränke der beiden platzen wohl aus allen Nähten – so viele Krustentiere lagern sie dort. Wir bekamen ein wenig vom Leben der zwei mit. Morgens um 6 gings surfen, dann arbeiten und danach auf den Parkplatz und aufs Skateboard. Braungebrannt und barfuß. Wann immer es geht reisen die zwei und arbeiten scheint irgendwie echt nur Nebensache und Mittel zum Zweck zu sein. Ganz schön gesunde Einstellung finde ich.
Dann lernten wir auch noch Bernhard kennen, der mit Hund und Kater in einem ausgebauten Schulbus wohnt. Er scheint ein ziemlich guter und gefragter Friseur in Bel Air zu sein, denn er kann es sich leisten nur wenige Tage und nur 3-4 Stunden zu arbeiten. Auch ein Lebenskonzept.
Nach unserer Woche in Santa Monica gings zurück nach Los Angeles, wo wir das Wochenende nochmal bei Alex waren. Wir ließen es entspannt angehen und nutzten die Tage auch ein bisschen zur Planung. Es hatte sich spontaner Weihnachtsurlaub angekündigt und wir mussten irgendwie nen dritten Sitz beschaffen und unsere Autoversicherung in den USA strecken. Alex hatte es ordentlich mit ner Erkältung erwischt und wir ließen den Abend gemütlich bei ihm in der WG ausklingen.
Samstags gings dann noch zum Walk of Fame. Irgendwie siehts im Fernseh glamouröser aus, trotzdem interessant. Wusstet ihr, dass die Stars gefragt werden ob sie einen Stern wollen und dann 40.000 $ dafür zahlen müssen? Julia Roberts zum Beispiel hat sich geweigert das zu zahlen und verzichtet daher auf ihren Stern.
Abends trafen wir uns mit Alex Ex-Freundin und ihrem Kumpel zum Sushi und lernten noch mehr vom Leben in L.A. kennen.
Cool, dass Alex uns so viel vom Leben dort zeigen konnte. Wir bekamen definitiv einen tieferen Einblick in die Lebenseinstellung und den Charakter der Stadt. Die Stadt liebt man oder hasst man wurde uns gesagt. Wir sind uns aber nach wie vor nicht sicher, was wir denken sollen. Einige Dinge haben uns echt überrascht.
L.A. ist der Inbegriff des Big City Life. Wenn Träume leben, dann wohl in L.A.: Stars und Sternchen tummeln sich und Elon Musk setzt schonmal seinen Cybertruck gegen einen Straßenpoller in Malibu, nur wenige Stunden nachdem wir dort waren. Wenn man berühmt werden will, muss man wohl nach L.A. In der Stadt scheint alles möglich zu sein und man kann ein verdammt luxuriöses Leben dort führen. Hier sind wir wirklich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Aber auch das ist L.A.:
Das erste Mal seit wir auf Reise sind wurden wir bemitleidet, dass wir in Bruno leben. Das hat uns echt ein bisschen überrascht. Die meisten, die wir treffen, finden unsere Reise cool oder uns mutig oder es ist selbst ein Traum. Für die Städter in L.A. scheint aber eine kalte Dusche, kein Fernseher und Natur der absolute Horror zu sein. Wir wussten gar nicht wie wir darauf reagieren sollten, als sie uns traurig anschauten und trösten wollten…
In L.A. geht es viel darum wer du bist und was du hast. Auto, Klamotten, Geld, Job. Freundschaften scheinen sehr darauf bedacht zu sein, dass man einen Vorteil aus ihnen hat. Was kannst du mir bieten, was kann ich dir bieten. Man ist hier schnell „Freund“ und Handynummern werden eigentlich direkt nach der Begrüßung ausgetauscht. Echt ein bisschen komisch. Die Stadt ist groß und laut. Der Verkehr ist Wahnsinn und Bruno und wir passen so gar nicht rein. L.A. hat uns sehr gefallen, aber wir waren auch froh, als wir wieder raus aus der Stadt fuhren, die 16-spurigen Highways verließen und es wieder rein ins Grüne ging.