Tag 410-431 | Cerritos, Punta la Tinaja, Rancho Pacifico Baja, El Pescadero, Baja California Sur, Mexico
Den ersten Tag nach unseren Monaten in Quarantäne verbrachten wir so, wie wir den letzten freien Tag vor dem Corona-Wahnsinn gestaltet hatten: Surfen, surfen, surfen. Offiziell waren die Strände weiterhin geschlossen (Wassersport aber erlaubt), trotzdem campten wir auf dem Parkplatz in Cerritos und schlichen uns mehrmals täglich ins Meer. Den Rest der Tage nutzen wir fürs Internet. Wir bestellten ein paar weitere Sachen bei Amazon, da wir die Adresse der Poststelle in Todos Santos nutzen konnten. So gab es Rash Guards zum Surfen, ein neues Geschirr und Leine für Chico, extra starke Sonnencreme, neue Antennen für den Router und so weiter. Es wurde Zeit, dass wir Todos Santos endlich verlassen, auch wenn es heißt „you can check out, but you can never leave“ (Hotel California – von dem einige behaupten, dass dieses besungene Hotel genau das in Todos Santos ist).
Die Polizei tauchte an Tag 3 auf und räumte den überfüllten Strand. Es war Sonntag und Familien mit Schirmen, Tischen, Stühlen und Kühlboxen strömten vom Strand zu ihren Autos. Wir entschieden uns ebenfalls zu fahren, bevor die Polizei unsere Kennzeichen und Personalien notieren konnte. Es ging die Küste runter zum La Tinaja Strand, in der Municipalidad Cabo San Lucas, in der Strandbesuche erlaubt sind. Dort verbrachten wir zwei Nächte und Tage und freuten uns, dass wir komplett alleine waren. Mittags tauchte dann ein Tourveranstalter mit einem Haufen Amis und Quads auf und wir mussten damit leben, dass sie ein paar Stunden über den Strand düsten. Gibt Schlimmeres.
Photo by Lee Photo by Lee
Hanno und Lee versuchten dann gemeinsam nochmal ihr Glück beim Angeln. Das ganze endete für Hanno nach dem ersten Auswerfen mit einem verhakten Köder in einem Felsen im Meer. Alles zerren und ziehen half nix, der Köder, der Haken und der Schwimmer steckten fest. Am Ende riss die Schnur und Hanno versuchte noch an die feststeckenden Einzelteile am Felsen im Meer zu gelangen. Aber die Brandung war zu stark und nach einigen Minuten war alles auf nimmer wiedersehen weggespült. Es bleibt also bei 0 gefangenen Fischen. Wir Mädels saßen am Strand in den Campingstühlen und hatten unseren Spaß dabei, den beiden Angel-Talenten zu zu schauen.
Da wir auch am Strand weiterhin Internet hatten telefonierten wir auch noch mit zu Hause. Dort waren die Auswirkungen von Corona weiterhin spürbar und ein weiteres Mal änderten sich unsere Reisepläne komplett. Eigentlich wären wir nämlich im Oktober auf einen schon lang geplanten Überraschungsbesuch nach Hause gekommen. Das Ganze war bisher ein wohlgehütetes Geheimnis, weil wir erstens mit Corona nicht gut planen konnten, zweitens unsere Eltern überraschen wollten und drittens der Grund für die Heimreise Doreens und Sebastians Hochzeit gewesen wäre zu der wir sehr gerne einfach im Standesamt aufgetaucht wären. Tja, nach einem Telefonat mit Doreen war klar, dass Corona eine ausgelassene Hochzeit nicht zu lässt und die beiden haben sich dazu entschlossen, die große Feier ein Jahr zu verschieben. So fiel unser Hauptgrund weg nach Hause zu fliegen. Zusätzlich machte das Hin- und Her der Bundesregierung zu Quarantäne und Testen das ganze zu einem Glücksspiel. Ein Blick in die Flugssuchmaschine verriet uns außerdem, dass unter 1800€ nix drin war. Nach der Nachricht zur verschobenen Hochzeit entschieden wir uns, die Pläne zu kippen. Wir kommen also nicht im Oktober. Einerseits echt schade, da wir so gerne Freunde und Familie gesehen hätten, andererseits gut, denn die Ungewissheit zu den Gegebenheiten in Deutschland und der Wiedereinreise nach Mexico hatten uns ordentlich zu schaffen gemacht. Wir hatten Angst davor, dass wir die drei Wochen zu Hause mit zwei Wochen Quarantäne verbringen müssten (was ja mittlerweile genauso beschlossen wurde) und dass die möglichen Rückflüge nach Mexico gecancelt werden oder uns die Einreise verweigert wird. Wir hatten schon alles soweit arrangiert, so dass Bruno sicher untergebracht und Chico bei Willow und Lee untergekommen wäre. Trotzdem wollten wir ungerne nach Mexico City, wo die Zahlen explodieren und noch weniger in einen Langstreckenflug und an einen bzw. zwei Flughäfen, wo wir uns im Zweifel dann wirklich noch was eingefangen hätten.
Mit der Entscheidung gegen den Heimaturlaub konnten wir nun wieder einen Gang runter schalten und entschieden uns für eine weitere Runde Surfen in Cerritos. 5 weitere Tage tobten wir in den Wellen und machten Fortschritte. Die Polizei tauchte einige Male auf und wir nutzen die Zeit die wir uns verpieseln mussten zum einkaufen in El Pescadero, zum Müll weg bringen und zum Pakete einsammeln in Todos Santos. Abends kehrten wir dann wieder zurück an den Strand.
Dann kündigte sich Hurricane Gueneve an und als die Polizei zum vierten Mal auftauchte entschieden wir uns zur Rancho zurück zu fahren. Fast wie nach Hause kommen war das. Alejandro freute sich über Gesellschaft und wir kochten abends Tacos zusammen und schauten einen Film mit dem Beamer auf der Leinwand. Am nächsten Tag machten wir alles soweit windsicher und nachts gings so richtig los. Der Wind wurde immer stärker und mittlerweile war der Hurricane von Level 1 auf Level 4 hochgestuft worden. Am Nachmittag traf er in Cabo auf Land und wir hatten eine sehr krasse Nacht vor uns. Willow und Lee schliefen auf einem provisorischen Bett unten im Camper statt im Pop-up Zelt auf dem Dach. Weise Entscheidung. Das war wie richtig heftiger Seegang. Es schüttete aus Eimern über Stunden und die staubtrockene Erde konnte dass Wasser gar nicht aufnehmen. Wir campten in mitten eines Sturzbaches aus den Bergen.
Ich glaube am meisten erstaunte mich wie laut das ganze war. Die Böen die an Bruno rüttelten und rissen konnte man lange vorher hören, wie sie durch die Berge pfiffen. Es war richtig lauter Wind. In den frühen Morgenstunden hatte der Hurricane sein Maximum erreicht und wir wurden von einem fiesen Scheppern aus dem Halbschlaf gerissen. Es ließ sich erahnen, dass die Ranch einiges abbekommen hatte. Wir hörten das Wellblech vom Bäckerei-Dach knarzen. Es war aber noch zu dunkel um irgendwas zu sehen. Früh morgens wagten wir dann einen Rundgang. Es war weiterhin stürmisch aber das Gröbste hatten wir überstanden. Unsere Camper waren unversehrt und standen nur im Schlamm. Chico hat übrigens die ganze Nacht seelenruhig durchgepennt. Die Ruhe will ich haben!
Der Gang durch den Campground offenbarte eine tiefe Furche, durch die das Wasser gebrettert ist, eine zerstörte Küche, die wir wieder aufbauten und ein paar umgerissene Bäume.
Auf dem Weg nach oben auf den Hügel zur Ranch ließ sich erahnen, dass dort nicht alles so glimpflich verlaufen war. Das Dach der Bäckerei war inklusive Pfeilern und Solaranlage im Sturm abgehoben und ist halb zerstört zwischen Palapa und Dusche wieder runter gekommen. Bäume waren entwurzelt, alles an Möbeln ist durch die Gegend geflogen, das Klo mit den großen Solarpanelen auf dem Dach ist komplett umgestürzt, die Wassertanks wurden ihrer Verkleidung entledigt. Alles stand voll Wasser. Reines Chaos und insgeheim waren wir froh, nicht in Alejandros Haut zu stecken, der mit drei Hunden und Katze die Nacht im Kleinwagen verbracht hatte. Es war noch zu stürmisch um wirklich was zu tun, also gings erst mal wieder in den Campground.
Nachmittags nahmen wir dann alle gemeinsam das Dach der Bäckerei auseinander, sammelten Müll ein und richteten das Klohaus wieder auf. Die Solaranlagen und Batterien waren zum Glück unversehrt, aber es hatte die komplette Nacht in die Controller und Batterien geregnet und Alejandro musste warten, bis alles wieder trocken ist.
Die nächsten Tage beruhigte sich das Wetter wieder, wir werkelten mal wieder am Auto und Hanno braute seine letzte große Runde Bier. Nach einer Woche verließen wir dann die Ranch wieder – dieses Mal voraussichtlich zum letzten Mal und waren in der Tat traurig und glücklich zugleich.
Es ging zurück nach Cerritos surfen. Die Locals kannten uns mittlerweile und wir wurden von ihnen mit neuen Finnen und Surfwachs versorgt. Ein Amerikanischer Gast aus einem Hotel, welches an den Parkplatz grenzt fand uns aber nicht so toll. Auf Teufel komm raus wollte er, dass wir verschwinden. Wir wissen nicht genau warum, vermuten aber, dass er nicht damit Leben konnte, dass wir den Meerblick für den er einen Batzen Kohle springen lassen muss kostenlos bekommen.
Er drohte mit der Polizei und sprach sogar mit ihnen über uns, als sie mal wieder am Strand auftauchten. Schadenfroh beobachteten wir dann wenig später, wie die Beamten ohne ein Wort zu uns den Parkplatz wieder verließen. 1:0 für uns.
Wir nutzen die Hotelbar dann einen Abend für einen Drink und ließen uns gleichzeitig von dem Barkeeper versichern, das wir nicht auf den Amerikaner „Ken“ hören sollten. Es wäre überhaupt kein Problem, dass wir auf dem Parkplatz campen. Er kannte uns sogar noch von unserem letzten Besuch im März. Aus dem einen Drink wurden dann ausversehen unzählige Tequila-Shots und gegen 23 Uhr torkelten wir vier ordentlich betrunken aber bestens gelaunt die Treppen runter auf den Parkplatz. Hanno zauberte dann ein perfektes Abendessen mit Brot und Ei und Mayo. Wir hätten mal besser vor unserem Barbesuch was gegessen, aber so wurde es halt das perfekte Hangover-Food.
Der nächste Tag war für die Tonne. Wir hatten alle einen Kater und das auch noch bei 40 Grad! Half alles nix, da mussten wir durch und am Ende klaute ich Chico seine Kühlmatte um meinen dröhnenden Kopf runter zu kühlen. Puh. Das ist uns echt lang nicht passiert. Am nächsten Tag gings dann wieder Surfen und wir beschlossen, dass es dann am nächsten Tag wirklich weiter geht. Cerritos ist ein wunderbarer Anfänger-Surf-Strand aber die grünen Wellen sind ziemlich gemein und unberechenbar. Wir wollten uns lieber auf die Suche nach einem anderen Strand machen, wo wir endlich an die grünen Wellen ran kamen ohne dauernd in der Waschmaschine zu landen.
Außerdem juckt es uns in den Fingern und wir wollen endlich neue Orte sehen.
Trotzdem wars wohl nicht das letzte Mal in der Ecke von Todos Santos. Dadurch, dass wir jetzt ja doch nicht nach Hause fliegen, haben wir ein großes Paket mit Ersatzteilen auf den Weg von Deutschland nach Mexico geschickt. Drückt mal die Daumen, dass es ankommt und der Zoll keine Schwierigkeiten macht.